Sanfte Hautpflege durch Zuckerrohrabfälle

Die europäische Kosmetikindustrie hat ein steigendes Interesse an Grundstoffen aus nicht gentechnisch veränderten nachwachsenden Rohstoffen. Einer davon ist Levulinsäure. Südafrika wiederum sucht nach einer besseren Wertschöpfung für seine Zuckerrohrindustrie. Partner aus Deutschland und Südafrika entwickelten in diesem Projekt ein nachhaltiges Verfahren, in dem aus Biomasse auf Basis von Zuckerrohrabfällen mithilfe einer schonenden Katalyse Levulinsäure hergestellt werden kann.

Zuckerrohrverarbeitung in Südafrika © Shiying Müller, SMR

Zuckerrohrverarbeitung in Südafrika © Shiying Müller / SMRI

Ziel des Fördervorhabens

Die europäische Kosmetikindustrie hat ein wachsendes Interesse an einer „sanfteren“ Produktionsmethode des dermatologisch wichtigen Grundstoffs „Levulinsäure“ aus nicht gentechnisch veränderten nachwachsenden Rohstoffen. In Südafrika wiederum besteht ein dringender Bedarf nach einer besseren Wertschöpfung für die Zuckerrohrindustrie und die am Anfang der Produktionskette stehenden Mühlen, welche über die bekannte und in scharfem wirtschaftlichem Wettbewerb stehende Bioethanolgewinnung hinausgeht.

Bagassepellets © Lisa Marie Schmidt, TUHH

Das Vorhaben vereinte nun beide Ansätze: Für den bisher nur als Festbrennstoff verwerteten Abfall Zuckerrohrbagasse wurde ein nachhaltiges Verfahren entwickelt, in dem aus der Biomasse über den Einsatz von erhitztem Wasser unter hohem Druck und nachfolgender schonender Katalyse Levulinsäure hergestellt werden kann. Dieses Verfahren befindet sich nun in technologischer Konkurrenz zu anderen Methoden. Das Projekt wurde daher abgerundet durch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für mögliche industrielle Anwendungen.

Einsatz der Ergebnisse

Levulinsäure ist eines der zwölf wichtigsten Grundstoffe mit Biomasseherkunft, die aktuell und langfristig in der Chemie / Life Science und Kraftstoffindustrie verarbeitet werden. Das im Projektzeitraum gemeinsam entwickelte Verfahren unterscheidet sich von den etablierten Direktkonversionen durch die Verwertung von Abfallstoffen, die keinen Wert für die Nahrungsindustrie haben, aber auch durch den Einsatz nachhaltiger Reaktionsbegleitstoffe wie Wasser oder unproblematischer Säuren. Das Verfahren ist erwartungsgemäß aufwändiger und mit höheren Kosten verbunden. Dementsprechend wurden auf deutscher Seite in Kooperation der Institute für "Thermische Verfahrenstechnik" und für "Umwelttechnik und Energiewirtschaft" folgende Einflussfaktoren genauer beschrieben:

Förderbekanntmachung
Förderung der Wissenschaftlich-Technologischen Zusammenarbeit (WTZ) mit Südafrika

Partnerland/ -region
Südafrika

Laufzeit
01.02.2015 – 31.01.2017

Partnereinrichtungen
Technische Universität Hamburg (TUHH), Institute für Thermische Verfahrenstechnik & für Umwelt-technik und Energiewirtschaft

Durban University of Technology, Dept. of Chemistry

University of Kwa Zulu, Sugar Milling Research Institute

  • durch die Pelletierung der Biomasse kommt es zu einer Erhöhung der Herstellungskosten um 23%;
  • werden neben der Levulinsäuregewinnung auch andere Stoffe in einer Art Produktkaskade aus der Bagasse (faserige Überreste der Zuckerfabrikation aus Zuckerrohr und Sorghumhirsen) gewonnen und hierfür die Parameter angepasst (z.B. Kreislaufführung, verbesserte enzymatische Umsetzung) – so ist die wirtschaftliche Bilanz durchaus konkurrenzfähig unter den im Projekt getroffenen Annahmen. Vielversprechend ist zudem, dass zwar sowohl für die Kaskandenprodukte „Char bzw. Pyrolyseöl“ (dunkelbraune Flüssigkeit, die durch thermo-chemische Spaltung von Biomasse bei Temperaturen von ca. 500°C gewonnen wird) als auch „Lignin“ (feste Biopolymere, die in die pflanzliche Zellwand eingelagert werden und dadurch die Verholzung der Zelle bewirken) immer noch die Nutzung als Brennstoff möglich ist. Eine höherwertige Nutzung insbesondere des Lignins ist industriell sehr attraktiv (Klebstoff, Kunststoff, pharmazeutische Industrie) und würde in der Gesamtheit auch die Levulinproduktion wirtschaftlich vorteilhafter machen. In Gesprächen mit möglichen Abnehmern dieser Kaskadenprodukte zeigte sich, dass bis zu 2000 Euro/Tonne für hochwertiges Lignin erzielt werden könnten.

Die Patentierung und Lizensierung des Verfahrens konnte im Berichtszeitraum noch nicht erreicht werden. 

Mehrwert der internationalen Zusammenarbeit

Die Kooperationsziele der beteiligten Partner – Bagasse konkurrenzfähig zu verwerten (Südafrika) und den Einsatz einer neuentwickelten, nachhaltigen Technologie zum Aufschluss von Biomasse weiterzuentwickeln (Deutschland) – waren komplementär. Auf deutscher Seite konnte auf den reichhaltigen Erfahrungsschatz der Zuckerrohrindustrie zurückgegriffen werden. Teile der Arbeit werden in mehreren Dissertationen sowohl auf südafrikanischer als auch auf deutscher Seite integriert. Die Projektpartner haben durch die regelmäßige Entsendung von wissenschaftlichem Personal, die Einbindung einer KMU in Deutschland und eines KMU-Verbundes in Südafrika sowie zwei hochschul-öffentlichen als auch allgemein-öffentlichen Workshops zur internationalen Vernetzung aktiv beigetragen.

Vorgehäckseltes Zuckerrohr auf einem Förderband © Shiying Müller, SMRI

Für die deutschen Konsortialpartner stellte die Förderung eine ideale Möglichkeit dar, eine Hochdruck-Konversionsanlage auch für alternative Jahrespflanzen einzusetzen, welche ausschließlich im nichteuropäischen Anbau zu finden sind. Im aktuellen Marktumfeld ist für die Lignocellulose-Bioraffinerie eine weitvernetzte Versorgung mit Rohmaterial notwendig; diese ist in Europa nur noch selten erreichbar.

Im für universitäre Dimensionen relativ großen Vorlagemaßstab von 40 L konnten so wertvolle Erkenntnisse zur Wirtschaftlichkeit der Feinchemie aus Biomaterialien gewonnen werden. 

 

Besondere Ergebnisse und Erfolge der Maßnahme

Teile der Arbeit werden in mehreren Dissertationen und Journalveröffentlichungen sowohl auf südafrikanischer als auch auf deutscher Seite integriert.

Ansprechpartnerinnen

DLR Projektträger
Europäische und internationale Zusammenarbeit
Petra Ruth Vogel
Tel.: +49 228 3821 1461

Technische Universität Hamburg-Harburg
Institut für Thermische Verfahrenstechnik
Prof. Dr. Irina Smirnova
Tel.: +49 40 428 78 30 40